Palmöl

Wie wirkt Palmöl auf Mensch, Tier & Umwelt?

Die anfänglich rein für Ernährungszwecke genutzten Rohstoffe Palmöl und Palmkernöl finden sich mittlerweile in einer Vielzahl von Produkten des alltäglichen Gebrauchs. Ob in Lebensmitteln, Treibstoffen, Reinigungs-, Wasch- und Körperpflegemitteln, Pharmazeutika oder Futtermitteln – ihre Verwendung erstreckt sich auf die unterschiedlichsten Branchen. Doch die Herstellung ist mit vielen negativen Auswirkungen verbunden. Wir zeigen Ihnen in diesem Artikel, wer den eigentlichen Preis für das billige Pflanzenöl zahlen muss und warum es sinnvoll ist, beim Einkauf auf palmölfreie Erzeugnisse zu achten.

Herkunft und Verwendung

Ursprünglich als Nutzpflanze im westafrikanischen Regenwald beheimatet, wird die Ölpalme mittlerweile hauptsächlich in Indonesien und Malaysia, zunehmend auch in Südamerika und Afrika, angebaut. Die Fruchtstände bestehen aus ölhaltigem Fruchtfleisch sowie einem ölhaltigen Kern und müssen aufgrund ihrer hohen Verderblichkeit direkt nach der Ernte weiterverarbeitet werden. Während Palmöl aus dem Fruchtfleisch der Palmfrüchte gewonnen wird, extrahiert man Palmkernöl aus den von der Schale befreiten Fruchtkernen.

Besonders der günstige Preis, der unter anderem durch die hohe Ertragskraft ermöglicht wird, und seine vielseitige Verwendbarkeit machen das Pflanzenöl so attraktiv für die Industrie. In den Supermarktregalen steht kaum ein Fertigprodukt, das ohne die Zugabe von Palmöl auskommt: Laut einer aktuellen Erhebung der Umweltschutzorganisation Greenpeace ist in beinahe jedem zweiten Supermarktprodukt Palmöl enthalten. Besonders in Back- und Süßwaren, Tütensuppen oder Margarine wird das Öl wegen seines Schmelzverhaltens und der guten Streicheigenschaften in größeren Mengen verarbeitet. Palmkernöl wird zudem aufgrund seiner cremigen Konsistenz sehr häufig für Pflegeprodukte wie Shampoos, Körperlotionen, Seife oder Waschmittel verwendet.

2014 wurden weltweit rund 60 Millionen Tonnen Palmöl auf einer Fläche von etwa 17 Millionen Hektar produziert. Auch im weltweiten Verbrauch liegt es an der Spitze; damit ist es noch vor Sojaöl das beliebteste Pflanzenöl. Mit jährlich rund 1,4 Millionen Tonnen und einem Pro-Kopf-Verbrauch von 18,5 kg zählt Deutschland zu den größten Palmöl-Verbrauchern Europas. Der weltweite Durchschnitt lag 2013 bei 8,9 kg.

Einer Studie des Forums Nachhaltiges Palmöl (FONAP) zufolge wurde in Deutschland im Jahr 2013 im Energiebereich mit 755.000 Tonnen der größte Anteil Palmöl verbraucht. Als Rohstoff für hydrierte Pflanzenöle und Biodiesel findet es sich hauptsächlich in Autotanks, denn durch die Erneuerbare-Energien-Richtlinie ist es in der EU vorgeschrieben, fossilem Diesel Treibstoff aus pflanzlichen Rohstoffen beizumischen (aktuell ca. 4,7 %).

Palmöl in der Tierhaltung

Während in den Medien hauptsächlich über die Verwendung von Palm- und Palmkernöl in der Lebensmittel-, Kosmetik- und Kraftstoffindustrie kritisch berichtet wird, weist die FONAP-Studie noch auf einen weiteren wichtigen Marktsektor in Deutschland hin: Die Futtermittelbranche steht mit einem Palmölverbrauch von 140.000 Tonnen im Jahr 2013 nach der Energie- und Lebensmittelbranche immerhin an dritter Stelle im Gesamtverbrauch. Neben anderen Pflanzenölen wird Palmöl hier als Futterfett in Mischfuttermitteln für verschiedene »Nutztierarten« eingesetzt, wobei der durchschnittliche Palmölanteil für die jeweiligen Mischfutterarten 2013 in Deutschland bei 0,7 % lag.

Während im Lebensmittelbereich meist nur pflanzliche Fertigprodukte dafür verantwortlich gemacht werden, den Palmölverbrauch anzutreiben, wird im Hinblick auf die Verfütterung von Palmöl an »Nutztiere« deutlich, dass auch Fleisch- und Milchkonsum den Verbrauch weiter ankurbeln. Warum genau der weltweit hohe Palmölkonsum so problematisch ist, zeigt ein Blick auf die Herstellung des Pflanzenfetts.

Anbau

Für die Pflanzung der bis zu 30 Meter hohen Ölpalmen werden in den Anbaugebieten riesige Flächen Regenwald zerstört – größtenteils durch illegale Brandrodung. Einer Analyse von Vegetationskarten des indonesischen Forstministeriums durch Greenpeace zufolge wurden in dem Inselstaat allein für Palmöl jährlich um die 150.000 Hektar Regenwald gerodet. Mit ihm wird zugleich der wertvolle Lebensraum vieler Pflanzen- und Tierarten vernichtet. So berichtet Greenpeace von Schätzungen, dass in den letzten Jahren der Bestand der Sumatra-Tiger in Indonesien auf rund 400 Tiere, der des Borneo-Zwergelefanten auf 1.500 und der des Sumatra-Orang-Utans auf 7.300 gesunken ist.

Auch die Gesundheit und das Leben der Einheimischen werden durch die Schaffung neuer Großplantagen gefährdet: In Indonesien nutzen Palmölhersteller die natürlichen Waldbrände während der Trockenzeit, um möglichst unentdeckt mit gezielt gelegten Bränden Regenwälder für neue Plantagen urbar zu machen.

Der beißende Rauch der Brände, der selbst den Nachbarstaat Singapur erreicht, führt zu Atemwegserkrankungen, an denen Berichten der NASA zufolge allein im letzten Jahr 19 Menschen starben – über 500.000 mussten zudem ärztlich behandelt werden. Während bereits 300 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft für den Menschen als höchst gesundheitsgefährdend eingestuft werden, wurden in Indonesien zeitweise Werte über 2.000 Mikrogramm gemessen.

Die Probleme werden durch die Tatsache weiter verschärft, dass die großen Monokulturplantagen im Regenwald zunehmend auf Torfmoorböden errichtet werden. Diese riesigen Kohlenstoffspeicher setzen bei der Trockenlegung große Mengen klimaschädlichen Kohlendioxids frei. In der EU liegt der Richtwert für CO2-Emissionen bei 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft – in Indonesien wurden im Jahr 2015 Medienberichten zufolge Werte über 350 Mikrogramm erreicht.

Auch vor Landraub machen viele Palmöl-Konzerne nicht Halt – besonders in Verruf dafür steht der weltgrößte Palmöl-Händler Wilmar. Ein aktueller Report der NGO Friends of the Earth zeigt die katastrophalen Folgen für die betroffene Bevölkerung in Nigeria auf: »Indem Wilmar uns unsere Farmen wegnimmt, erklären sie uns für tot«, klagt ein einheimischer Farmer. Obwohl die Konzerne immer wieder Besserung versprechen, ändert sich an der Situation vor Ort kaum etwas, wie Christiane Zander von Rettet den Regenwald durch eigene Nachforschungen feststellen musste.

Gesundheit

Nicht nur wegen der schweren Schäden, die der Anbau am Produktionsort verursacht, steht Palmöl in der Kritik. Das Bundesministerium für Risikobewertung warnte schon 2009 erstmals vor den in raffinierten pflanzlichen Fetten enthaltenen 3-MCPD- und Glycidol-Fettsäureestern, die in besonders hoher Konzentration in Palmöl vorkommen: »Bei der Verdauung kann Glycidol aus den Glycidol-Fettsäureestern abgespalten werden. Glycidol ist von internationalen Gremien als krebsauslösende Substanz eingestuft worden.« Da Palmöl auch in Säuglingsnahrung wie zum Beispiel industriell gefertigter Babymilch enthalten ist, bestehe besonders für Säuglinge die Gefahr, gesundheitlich bedenkliche Mengen Glycidol aufzunehmen.

Auch der hohe Gehalt an gesättigten Fettsäuren (fast 50 %) in Palm- und besonders in Palmkernöl wird von Experten kritisch gesehen, da diese zu einer Verschlechterung der Blutfettwerte führen könnten: »Vor allem das sogenannte schlechte LDL-Cholesterin kann ansteigen. Es kann die Insulinwirkung im Körper verschlechtert werden bis hin zur Steigerung des Diabetesrisikos. Eine Schädigung der Gefäßwand und sogenannter oxidativer Stress können dazu führen, dass die Gefäßverkalkung begünstigt wird und die ist ein Risikofaktor für Herzinfarkt, Schlaganfall bis hin zum Tod«, warnt Prof. Michael Roden vom Deutschen Diabeteszentrum Düsseldorf.

Kennzeichnung und Nachhaltigkeitslabel

Während zumindest auf Lebensmitteln seit dem 13. Dezember 2014 Palmöl klar deklariert werden muss, bleiben die Verbraucher bei Kosmetikartikeln und Haushaltsprodukten weitestgehend im Unklaren, denn eine Kennzeichnungspflicht ist hier nicht abzusehen.

Aufgrund der anhaltenden Kritik an der Herstellung von Palmöl wurde 2004 auf Initiative des WWF der Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl (RSPO) gegründet, der seit 2008 ein Zertifikat für nachhaltig produziertes Palmöl vergibt. Neben einigen Umweltschutzverbänden und NGOs setzt sich die Organisation in erster Linie aus Unternehmen und Institutionen zusammen, die an der Palmöl-Lieferkette beteiligt sind. Den Vorsitz führt Jan Kees Vis vom Unilever-Konzern, dem größten Verarbeiter und Vertreiber von Palmöl weltweit. Der RSPO schließt in seinen 43 Kriterien Regenwaldrodung nicht aus und berücksichtigt auch keine Klimaschutzfaktoren. Zudem sind die Trockenlegung von Torfmooren und der Einsatz von Pestiziden erlaubt.

Das Aktionsbündnis Regenwald statt Palmöl kritisiert ebenso wie Rettet den Regenwald, dass die Einhaltung der Kriterien nicht genügend kontrolliert und Verstöße kaum geahndet würden. Eine detaillierte Analyse aus dem Jahr 2014, die von Brot für die Welt sowie der Vereinten Evangelischen Mission in Auftrag gegeben wurde und sich mit den Nachhaltigkeitswirkungen des RSPO beschäftigt, stellt diese stark in Frage. Selbst der o. g. Palmöl-Konzern Wilmar ist RSPO-zertifiziert, obwohl er laut der britischen NGO Forest Peoples Programme in zahlreiche Land- und Menschenrechtskonflikte verwickelt ist.

Bereits im Jahr 2008 lehnten 256 Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen in einer gemeinsamen Erklärung das RSPO-Label als »Etikettenschwindel« ab. Die Palmöl-Produzenten Agropalma, Daabon Organic und New Britain Palm Oil Limited haben sich in der Palmoil Innovation Group (POIG) strengeren Kriterien bei der Palmölproduktion verpflichtet. Ob diese tatsächlich für gravierende Verbesserungen sorgen, wird sich erst noch herausstellen müssen.

Was VerbraucherInnen tun können

Da sowohl die Herstellung als auch der Konsum von Palmöl äußerst bedenklich sind, empfiehlt es sich, als VerbraucherIn entsprechende Produkte zu meiden.

Greenpeace warnt allerdings auch davor, Palmöl grundsätzlich durch andere Pflanzenöle, zum Beispiel aus Soja, Raps oder Sonnenblumen, zu ersetzen. Der Grund ist, dass für den Anbau anderer Ölpflanzen deutliche größere Flächen benötigt werden, um die gleiche Menge Öl zu erhalten. Dennoch ist es nach Ansicht der Umweltschutzorganisation dringend notwendig, den Verbrauch von Palmöl in Deutschland zu senken, solange dessen Herstellung mit den beschriebenen Auswirkungen einhergeht.

Die Seite www.umweltblick.de bietet einen umfassenden Einkaufsführer für palmölfreie Produkte, der regelmäßig aktualisiert wird. Wer direkt im Supermarkt einzelne Artikel genauer unter die Lupe nehmen will, kann sich mit der kostenfreien App codecheck schnell und einfach kritische Inhaltsstoffe wie zum Beispiel Palmöl in einem Produkt anzeigen lassen. Susanne Umbach von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz rät VerbraucherInnen dazu, grundsätzlich auf Fertigprodukte zu verzichten und auch der Gesundheit zuliebe mit frischen Zutaten selbst zu kochen.




Quelle: Den Text haben wir von der Albert Schweitzer Stiftung unter Berücksichtigung der Lizenz  »Namensnennung« übernehmen können. Er beschreibt das Palmöl Debakel sehr gut und zeigt die Bedenken auf.
 https://albert-schweitzer-stiftung.de